Das neue Verpackungsgesetz: Handlungsbedarf für Pharmaunternehmen

5. Sep. 2018

Die Vorbereitungsphase auf das neue Verpackungsgesetz (VerpackG) hat begonnen: Auch auf Hersteller von Arzneimitteln und Medizinprodukten kommen neue Pflichten zu. Die ab 01.01.2019 geltenden abfallrechtlichen Neuerungen legen Unternehmen neue Registrierungs- und Meldepflichten auf, deren verzögerte Umsetzung zu Vertriebsverboten für die Produkte des Herstellers führt. Es sollte daher in der Vertriebskette vertraglich geklärt werden, welches Unternehmen die Pflichten erfüllt. Hersteller von Arzneimitteln sollten nachprüfen, ob ihre deutschen Großhändler die verpackungsrechtlichen Pflichten tatsächlich rechtzeitig erfüllen, denn die rechtlichen Konsequenzen treffen auch die Hersteller der Arzneimittel. Seit Ende August 2018 ist eine Vorregistrierung möglich – dieses Mittel sollte genutzt werden, um bereits jetzt ein mögliches Vertriebsverbot für nicht registrierte Produkte zu verhindern. 

Hintergrund: 

Mit dem neuen Verpackungsgesetz wird die bislang geltende Verpackungsverordnung zum 01.01.2019 abgelöst. Durch das Verpackungsgesetz sollen Lücken und Umsetzungsdefizite des bisherigen Systems beseitigt werden. Es bleibt dabei, dass die operative Entsorgung von Verpackungen primär durch das Duale System und Branchenlösungen umgesetzt wird – nunmehr begleitet durch die Registrierung aller Hersteller mit allen ihren Markennamen in einem einheitlichen Register, jährlichen Meldungen der Verpackungsmengen und Sanktionsvorschriften wie dem Vertriebsverbot bei Registrierungsfehlern sowie empfindlichen Bußgeldern. Diese Vorschriften gelten zusätzlich zu anderen Spezialregelungen über Verpackungen, treffen also auch Hersteller von Arzneimitteln und Medizinprodukten. Zur Vermeidung von Bußgeldern und Umsatzeinbußen muss insbesondere die Produktverantwortung innerhalb der Handelskette geklärt und vertraglich geregelt werden. 

 

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:  

  • Zentrale Stelle und Verpackungsregister LUCID: Die neu geschaffene „Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister“ verwaltet das Verpackungsregister LUCID und sorgt für die flächendeckende Einhaltung der Produktverantwortung für Verpackungen. Das Verpackungsregister LUCID listet die von den Herstellern mitgeteilten Daten und wird in beschränktem Umfang der Öffentlichkeit zugänglich sein. 
  • Registrierungspflicht für Hersteller von Verpackungen, die sich an einem System der Abfallentsorgung beteiligen: Systembeteiligungspflichtig sind mit Ware befüllte Verkaufs- und Umverpackungen, die typischerweise beim privaten Endverbraucher oder vergleichbaren Stellen anfallen. Vergleichbare Anfallstellen sind unter anderem auch Krankenhäuser, Arztpraxen und Apotheken. Eine Registrierungspflicht besteht daher beispielsweise für Verpackungen, die als Faltschachteln, Durchdrückpackungen (Blister), Tuben, Dosen, Flaschen, Infusionsbeutel, Spritzen sowie Ampullen in den Verkehr gebracht werden.  
  • Registrierung von Marken: Zur vereinfachten Überwachung der Registrierung müssen von den Herstellern die Markennamen der Produkte gemeldet werden, die von ihnen in Deutschland in den Verkehr gebracht werden. Fehlt ein Markenname im Register, können andere Vertreiber daher mit Blick auf das Verkehrsverbot den Einkauf oder Verkauf verweigern, da ihre eigene Abgabe des nicht registrierten Produkts verboten wäre. 
  • Datenmeldungspflicht gegenüber der Zentralen Stelle: Es ist vom Hersteller Auskunft über das gewählte System der Abfallentsorgung und die Beteiligungsdauer zu geben. Darüber hinaus müssen Daten zur Materialart und Masse der beteiligten Verpackungen gemeldet werden.  
  • Höchstpersönlichkeit der Registrierung und Datenmeldung: Die Pflicht zur Registrierung und Datenmeldung kann nicht durch Dritte wie Berater oder Makler erfüllt werden, sondern muss für Unternehmen durch eine autorisierte, unternehmenszugehörige Person erfolgen. Den übrigen Pflichten des VerpackG kann auch durch bevollmächtigte Dritte nachgekommen werden. Natürlich können Berater nach wie vor die Meldungen vorbereiten – absenden muss sie aber der Hersteller selbst. 
  • Absolutes Vertriebsverbot für systembeteiligungspflichtige Verpackungen, die der Hersteller nicht an einem System beteiligt hat oder nicht bei der Zentralen Stelle registriert hat: Verboten ist jegliche Weitergabe innerhalb Deutschlands an Dritte mit dem Ziel des Vertriebs, des Verbrauchs oder der Verwendung. Das Vertriebsverbot besteht kraft Gesetzes und bedarf keiner behördlichen Anordnung. Bei Missachtung drohen Bußgelder von bis zu 100.000 Euro.  

 

Wer ist betroffen ? 

  • Betroffen sind die Hersteller von Verpackungen. Hersteller der Verpackung im Sinne des VerpackG ist regelmäßig derjenige, der die mit Ware befüllte Verpackung erstmals in Deutschland in den Verkehr bringt.  
  • Als Hersteller der Verpackung gilt auch, wer Verpackungen gewerbsmäßig nach Deutschland einführt. Beim Import gilt derjenige als Hersteller der Verpackung, wer die Verantwortung für die Ware zum Zeitpunkt des Grenzübertritts trägt. Dies sollte zwischen Käufer und Verkäufer vor der Einfuhr der Ware rechtsverbindlich vereinbart werden, damit klar ist, wer für die Meldung zum Verpackungsregister verantwortlich ist. In Zweifelsfällen will die Zentrale Stelle Verpackungsregister anhand der Incoterms die Verantwortlichkeit zum Zeitpunkt des deutschen Grenzübertritts ermitteln. Begehrt ein Verkäufer mit Sitz im Ausland, die Produktverantwortung an sich zu ziehen, um den verpackungsrechtlichen Pflichten selbst nachzukommen, kann dies vertraglich vereinbart werden.  
  • Hersteller der Verpackung können im Arzneimittelsektor daher insbesondere Zulassungsinhaber mit Sitz im Ausland und pharmazeutische Großhändler sein. 
  • Jeder Zwischenhändler und jede Apotheke sind Vertreiber der Verpackungen und Adressaten des Vertriebsverbots für Verpackungen nicht registrierter Hersteller oder nicht registrierter Marken. Dies kann dazu führen, dass Apotheken die Registrierung prüfen und im Falle ihres Fehlens den Ankauf und Weiterverkauf der Arzneimittel verweigern. 

 

Was ist nun zu beachten?

  • Zulassungsinhaber mit Sitz im Ausland, die Arzneimittel zur Einfuhr nach Deutschland verkaufen, sollten sich mit Käufern darüber abstimmen, wer in Deutschland die verpackungsrechtlichen Pflichten trägt. Adressat der verpackungsrechtlichen Pflichten für Importware ist nämlich derjenige, der zum Zeitpunkt des Grenzübertritts die Produktverantwortung trägt. Dies ist vor der Einfuhr rechtsverbindlich zwischen Käufer und Verkäufer zu klären. Angesichts des drohenden handelsstufenübergreifenden Vertriebsverbots für Verpackungen nicht ordnungsgemäß registrierter Hersteller und fälschlich nicht systembeteiligte Verpackungen, wird vielen Zulassungsinhabern daran gelegen sein, diese Pflichten rechtsgeschäftlich an sich zu ziehen, um ihre Erfüllung eigenständig sicherzustellen. Eine Registrierung und Systembeteiligung steht auch Unternehmen mit Sitz im Ausland offen.  
  • Großhändler, die Arzneimittel aus dem Ausland nach Deutschland einführen, sollten ebenso vor der Einfuhr eine Einigung mit dem Verkäufer über die verpackungsrechtliche Produktverantwortung für den Zeitpunkt des Grenzübertritts getroffen haben. Da die Herstellereigenschaft von der Handelsstufe unabhängig ist, kann auch ein importierender Großhändler Hersteller der Verpackung sein. Er selbst ist in diesem Fall zur Registrierung und Datenmeldung verpflichtet. Übernimmt der Großhändler die Produktverantwortung hingegen nicht, muss er zur Vermeidung von Bußgeldern ab dem Jahreswechsel jedenfalls sicherstellen, dass die von ihm eingeführte Ware vor dem Zeitpunkt der Einfuhr bereits registriert wurde.  
  • Deutsche Konzerngesellschaften ohne Großhandelserlaubnis, die sich eines Großhändlers bedienen, um Ware, die sie zuvor bei einem konzernverbundenen ausländischen Unternehmen erworben haben, auf dem deutschen Markt zu vertreiben, können ebenfalls Hersteller der Verpackung im Sinne des VerpackG werden, sofern sie die verpackungsrechtliche Produktverantwortung zum Zeitpunkt des Grenzübertritts durch Rechtsgeschäft mit dem Großhändler an sich gezogen haben. Dies kann zur Erfüllung der verpackungsrechtlichen Pflichten vorzugswürdig sein. In jedem Fall sollten ausländische Konzernschwestern auf die neuen Vorschriften des VerpackG aufmerksam gemacht werden. Ferner sollte nachgeprüft werden, wer in der Vertriebskette meldepflichtig ist – falls Großhändler verantwortlich sind, sollte geprüft werden, ob sie rechtzeitig die vertriebenen Marken registrieren.
  • Vorregistrierung: Hersteller von Verpackungen können ab Ende August ihre Stammdaten online bei der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister (https://lucid.verpackungsregister.org/) hinterlegen. Sie erhalten dadurch eine vorläufige Registrierungsnummer und mit Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes eine Registrierungsbestätigung sowie dauerhafte Registrierungsnummer. Auf diese Weise kann schon jetzt sichergestellt werden, dass die vom Gesetz betroffenen Verpackungen auch nach dem Jahreswechsel weiter vertrieben werden können. Hersteller von Verpackungen, die erstmals nach dem Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes in den Verkehr gebracht werden, müssen sicherstellen, dass sie das Registrierungsverfahren durchlaufen, bevor sie die Verpackung in den Verkehr bringen.

 

Mit dem Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes müssen sich die Hersteller verpackter Waren mithin auf Neuerungen vorbereiten. Unternehmen, die sich schon jetzt auf die Umstellung von der Verpackungsverordnung auf das Verpackungsgesetz vorbereiten, profitieren von Planungssicherheit und können Komplikationen in ihrer Handelskette vorbeugen. Detaillierte Informationen zu den Pflichten des Herstellers sowie zum Ablauf der Registrierung bei der Zentralen Stelle können unter www.verpackungsregister.org eingesehen werden. Bei juristischen Fragen stehen wir gerne mit Rat und Tat zur Seite. 

 

Ihr Ansprechpartner bei Dierks+Company:

Rechtsanwalt Dr. Karsten Engelke 

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