New ways for digital health applications in the German health care system (DVG)

How can manufacturers of digital healthcare applications gain a competitive edge and create benefit for patients?

In mid-June, Federal Health Minister Jens Spahn presented his draft law for the "Digital Health Care Act (Digitale Versorgung Gesetz – DVG)". By German standards, it contains almost spectacular new regulations, as it provides, among other things, for insured persons to be entitled to digital health applications. These can soon be prescribed by doctors and should gain access to the primary healthcare market. In addition, health insurers will be able to participate in the development of digital health applications as venture capitalists and thus assume a stronger role as drivers and designers of innovative healthcare.

The Digital Health Care Act thus opens up fascinating new opportunities for stakeholders in the healthcare sector. But what does the manufacturer have to consider regarding existing products, the development and approval of a digital health application in order to gain a competitive advantage? How does reimbursement work? And what might a possible cooperation between health insurance company and manufacturer look like?

Our D+C White Paper navigates you through the potential future regulations and provides manufacturers of digital health care applications with a roadmap of concrete to-dos that need to be considered in order to successfully bring digital health care applications into the primary healthcare market.

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Finally a short glance to our "D+C Insights @ HELIX HUB"
D+C Insights is an event series, in which we will talk with industry experts about more innovation for the healthcare sector. Our kick-off event focused on the Digital Health Care Act (Digitale Versorgung Gesetz – DVG). Those who download the White Paper will automatically receive an invitation for the future events. Please stay tuned for further information on our website.

Dierks+Company is bringing new solutions to patients:

On the first weekend of March, the Second Congress on Compliance in Healthcare took place in Leipzig – jointly organized by the Faculty of Medicine and the Faculty of Law of the University of Leipzig. Among the speakers was Prof. Dr. med. Dr. iur. Christian Dierks, who gave insights into the ePrivacy and GDPR regulations and the Telemedia Act.

In an interview within the framework of the Congress, Christian Dierks explains the role played by Dierks+Company in bringing new and innovative solutions faster to the market and thus to patients.

You can find the full interview, which was published in the spring issue of the Compliance Elliance Journal (CEJ) here.

At the beginning of April, over 120 delegates from the pharma supply chain gathered for the 10th Pharmaceutical Industry Network Group (PING) Conference, held for the second successive year on Brexit and in conjunction with Ethical Medicines Industry Group (EMIG).

Highlights from the conference included likely regulatory impact on medicine trading, supply chain concerns, EU database access, management of tax implications, importance of Tier 2 sponsorship and secured, continuation of businesses.

As the conference unfolded, various pharma areas were addressed, with input from leading pharma experts. One of them was experienced Germany-based Professor Dr. med. Dr. iur. Christian Dierks of Dierks+Company who provided an EU perspective, explaining how the German pharma industry saw Brexit. “The German view is that Brexit does not benefit patients, companies, etc.” he said. He gave a very warm expression of his and others’ feelings about the UK. It was very clear from his presentation that they wanted to have continued close relations. In an uplifting presentation, Christian Dierks commented, “pharma on both sides of the channel will suffer from Brexit, with or without a deal. We can mitigate these effects with resilience, pragmatism and cooperation…creating solutions that overcome regulatory burdens to focus on patient care.”

Please find more information about the conference here on the online portal EN-CPhi.CN.

Mit Schiedsspruch vom 13.02.2019 hat die Schiedsstelle unter Vorsitz von Prof. Dr. Jürgen Wasem den Vertragsinhalt für das Arzneimittel Dimethylfumarat (Tecfidera®) nach § 130b Abs. 4 SGB V festgesetzt. Für das Arzneimittel konnte im Nutzenbewertungsverfahren kein Zusatznutzen belegt werden. Im Streit stand im Schiedsverfahren vor allem die Frage, wie die Obergrenze der Jahrestherapiekosten zu ermitteln ist. In der Begründung des Schiedsspruchs berücksichtigte die Schiedsstelle auch Informationen, die nicht dem Nutzenfeststellungsbeschluss des GBA zu § 35a SGB V entstammen. Das Verfahren war zudem durch die Besonderheit geprägt, dass die neuen Erstattungsbetragsverhandlungen aufgrund einer Kündigung der Erstattungsbetragsvereinbarung durch den GKV-Spitzenverband erforderlich wurden und der pharmazeutische Unternehmer (pU) die Verhandlungen nach nur einem einzigen Verhandlungstermin abbrach und die Schiedsstelle anrief.

Verfahrenshintergrund

Tecfidera® ist ein seit Januar 2014 zugelassenes Arzneimittel zur Behandlung der schubförmigen Multiplen Sklerose, für das der GBA in seinem Beschluss zur Nutzenbewertung nach § 35a Abs. 3 SGB V keinen Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie festgestellt hat. Dies bedeutete, dass die Jahrestherapiekosten der zweckmäßigen Vergleichstherapie die Kostenobergrenze für den Erstattungsbetrag bilden. Als zweckmäßige Vergleichstherapie wurden Interferone und Glatirameracetat festgesetzt. Mittlerweile wurde die Zulassung erweitert und eine diesbezügliche Nutzenbewertung durchgeführt, was jedoch nicht Verfahrensgegenstand war.

Zwischen dem Abschluss der ersten Erstattungsbetragsvereinbarung und der Neuverhandlung nach Kündigung wurde Glatirameracetat generisch, sodass diesbezüglich eine Preisentwicklung nach unten einsetzte. Vor diesem Hintergrund wandte sich der pU sowohl gegen die starre Kostenobergrenze, indem er eine Ausnahme von der Soll-Regelung des § 130b Abs. 3 SGB V geltend machte, als auch gegen die Berücksichtigung der neu eingetretenen Generika und der entsprechenden Preisentwicklung, denn der GBA-Beschluss sah nur den Originator Copaxone® in dieser Wirkstoffgruppe mit dem entsprechenden Preis 2014 vor, frei nach dem bekannten Verhandlungsmotto des GKV-Spitzenverbands: „Es gilt der GBA-Beschluss.“

Keine Ausnahme von der Kostenobergrenze der zVT

Mit dem Schiedsspruch wurde ein begründeter Ausnahmefall von der Regel des § 130b Abs  3 SGB V, wonach der Erstattungsbetrag nicht zu höheren Jahrestherapiekosten als die wirtschaftlichste zweckmäßige Alternative führt, nicht anerkannt. Die Schiedsstelle hatte in einem früheren Verfahren zu Vortioxetin® deutlich gemacht, dass eine wichtige zusätzliche Therapieoption ausreichend sein könnte, um einen Ausnahmefall zu konstatieren und stellte nunmehr klar, dass die Anforderungen an eine wichtige zusätzliche Therapieoption relativ hoch sein müssten. Ein solcher Ausnahmefall liege bei Tecfidera® nicht vor. Die Schiedsstelle ließ sich nicht davon überzeugen, dass Tecfidera® die einzige Basistherapie mit Wirksamkeitsdaten in der Fachinformation bei mit vollständigem Zyklus vorbehandelten Patienten mit hoher Krankheitsaktivität sei, wie der pU vortrug. Zur Begründung für diese Ablehnung der Position des pharmazeutischen Unternehmers beruft sich die Schiedsstelle auf die aktuelle europäische Leitlinie zur Behandlung der MS und der Patientenhandreichung des Kompetenznetzwerkes Multiple Sklerose, die den Einsatz von Tecfidera® nicht bei Patienten mit hoher Krankheitsaktivität sieht bzw. dieser keine große Rolle beimisst. Damit bezieht die Schiedsstelle sich bei der Bestimmung des Erstattungsbetrags auf Tatsachen, die nicht im Nutzenbewertungsbeschluss nach § 35a SGB V enthalten sind.

Umgang mit neuen Generika

Blieb nun somit die Obergrenze der Kosten der zVT anwendbar, war die Frage zu entscheiden, wie das neu eingetretene Generikum zu Copaxone® unter dem Handelsnamen Clift® zu berücksichtigen war. Clift® verfüge, so der pU, nur über einen Marktanteil von ca. 1% bei den mit der zVT behandelten Patienten. Die Schiedsstelle ließ jedoch keine Ausnahme von der Festsetzung des Erstattungsbetrages in Höhe der Obergrenze zu: Unabhängig vom genauen Markanteil des Arzneimittels Clift® sei einzig entscheidungserheblich, dass der GBA den Wirkstoff Glatirameracetat als zVT festgelegt hat und Clift® nunmehr der wirtschaftlichste Vertreter der Wirkstoffgruppe Glatirameracetat sei.

Verfahrensfragen

Die Anrufung der Schiedsstelle nach nur einem Verhandlungstermin wurde vom Vorsitzenden als rechtmäßig und statthaft angesehen, wenn der pharmazeutische Unternehmer zu der Überzeugung gelangt, dass die Verhandlungen gescheitert seien. Entsprechend bestätigte der Vorsitzende die Spruchpraxis der Schiedsstelle zu dieser Frage.

Fazit für die Praxis

Für die weitere Schiedspraxis jedenfalls unter dem Vorsitz von Prof. Wasem dürfte relevant sein, dass die Bereitschaft besteht, auch Daten und Evidenz außerhalb des GBA-Beschlusses zu berücksichtigen. Ferner ist von Bedeutung, dass die Ermittlung der Jahrestherapiekosten der zVT vergleichsweise schematisch vorgenommen wurde und die Verordnungsrealität keine Berücksichtigung fand. Dies ist sicherlich vom Einzelfall abhängig und mag anders ausfallen, wenn sich aus der Berücksichtigung eines bestimmten Vertreters der ZVT Versorgungslücken für nicht unerhebliche Patientenpopulationen ergeben würden.

Ihr Ansprechpartner bei Dierks+Company:

Rechtsanwalt Dr. Karsten Engelke

karsten.engelke@dierks.company

+49 30 586 930 102

Das Bundessozialgericht hat am 28.03.2019 über die Revision des Gemeinsamen Bundesausschusses gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg zu dem Arzneimittel Constella® (Wirkstoff: Linaclotid) entschieden. Das BSG hat das LSG-Urteil aufgehoben und zur erneuten Verhandlung an das LSG zurückverwiesen. Die Urteilsgründe liegen noch nicht vor, aber der Terminbericht ist publiziert.

Hintergrund und Verfahrensablauf

Constella® (Linaclotid) ist zur symptomatischen Behandlung des mittelschweren bis schweren Reizdarmsyndroms bei Obstipation (RDS O) bei Erwachsenen zugelassen. In der Zusatznutzenbewertung sah der GBA den Zusatznutzen als nicht belegt an. Daraufhin wurde Constella® vom Markt genommen, die Erstattungsbetragsverhandlungen wurden dennoch durchgeführt. Nach dem Schiedsspruch zu Linaclotid erhob der pharmazeutische Unternehmer Klage. In dem Urteil des LSG wurde der Schiedsspruch aufgehoben, weil der GBA-Beschluss als rechtswidrig angesehen wurde (Einzelheiten zum Urteil finden sich in unserem News-Beitrag). Das LSG hatte gerügt, dass der GBA die für seine Fragestellung maßgebliche Studienlage in der medizinischen pharmakologischen Wissenschaft nicht vollständig berücksichtigt habe und die Ermittlung der zweckmäßigen Vergleichstherapie unrichtig erfolgt sei. Der GBA hätte, so das LSG, die Psychotherapie nicht als irrelevant erklären und stattdessen als zVT berücksichtigen müssen. Nach der Auffassung des LSG müssten nämlich auch weitere Erkrankungsbilder wie somatoforme Störungen berücksichtigt werden, die häufig mit RDS auftreten. Daher könnten hierfür Psychotherapieformen nicht aus der zVT ausgeschlossen werden. Ferner habe der GBA zu Unrecht bestimmte zusätzliche Leistungen der GKV, nämlich die ärztliche Beratung zur Ernährungsumstellung, in einer vertragsärztlichen Grundpauschale „verschwinden“ lassen. Wenn nach der Fachinformation bestimmte Leistungen (und damit Kosten) regelmäßig anfallen bzw. nicht anfallen, müsse dies bei dem Kostenvergleich mit der zVT ausgewiesen werden.

Beurteilung des BSG

Das BSG fokussiert in dem vorliegenden Terminsbericht darauf, dass es allein dem pharmazeutischen Unternehmer obliege, den Zusatznutzen und auch die Kosten der GKV in seinem Dossier nachzuweisen. Da den GBA insoweit nach Auffassung des BSG keine Amtsermittlungspflicht trifft, sondern eine Beibringungspflicht des pharmazeutischen Unternehmers besteht, sei insoweit auch die Amtsermittlungspflicht, man könnte auch sagen: -befugnis des Gerichts beschränkt. Das LSG dürfe keine eigenen Erwägungen und Bewertungen zu vermeintlich vom GBA verletzten „Begründungspflichten“ anstellen, so das BSG wörtlich, die über dasjenige an Beweismitteln hinausgehen, was die Klägerin als pharmazeutischer Unternehmer selbst im Dossier nach § 4 AM-NutzenV vorgebracht hat. Das BSG warnt auch davor, die Kostenkalkulation im Rahmen der Dossierbewertung zu überspannen und versteckt eine vergleichende Kosten-Nutzen-Bewertung nach § 35b SGB V vorzunehmen bzw. zu verlangen.

Verfahrensfragen

Das BSG kritisiert zudem, dass das LSG nicht auf die Erhebung einer zusätzlichen Feststellungsklage auf Nichtigkeit des GBA-Beschlusses hingewirkt hat. Allein die Anfechtung des Schiedsspruches sei nicht geeignet, zu regeln, in welchem Umfang der GBA-Beschluss weiterhin Rechtswirkungen entfaltet, wenn ihn das Gericht für rechtswidrig hält. Somit scheint das BSG eine kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage für erforderlich zu halten. Die Regelung zum nachgelagerten Rechtsschutz in § 35a Abs. 8 Satz 1 SGB V, dass eine „gesonderte“ Klage gegen den GBA-Beschluss unzulässig ist, sei zeitlich zu verstehen und habe nicht Inhalt, dass Klagen nur gegen den Schiedsspruch zu richten wären.

Fazit für die Praxis

Das BSG-Urteil zu Linaclotid ist das dritte Urteil, das der 3. Senat zum AMNOG erlassen hat. Nach wie vor besteht erheblicher Klärungsbedarf zu einer Vielzahl von Rechtsfragen, die sich um die Zusatznutzenbewertung des GBA und die Erstattungsbetragsverhandlungen ranken. Daher werden die schriftlichen Urteilsgründe mit Spannung erwartet.

Auf der Grundlage des Terminberichts zeichnet sich jedoch ab, dass die Bedeutung des Dossiers erheblich wachsen dürfte: Das BSG scheint auch in nachgelagerten Klageverfahren nur solche Angaben und Inhalte zuzulassen, die bereits im Dossier enthalten sind. Somit wären pharmazeutischen Unternehmer mit einem Vortrag präkludiert, der nicht bereits mit dem Dossier zum Bewertungsgegenstand beim GBA gemacht wurde. Dies wäre eine einschneidende Rechtsfolge und eine erhebliche Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung des LSG Berlin-Brandenburg.

Diese Rechtsauffassung des BSG könnte einen „Trickle-down-Effekt“ zur Folge haben: Was vor dem LSG nicht als Argument gebracht werden kann, darf oder muss auch von der Schiedsstelle nicht berücksichtigt werden. Was die Schiedsstelle nicht berücksichtigt, verliert auch in den Erstattungsbetragsverhandlungen erheblich an Überzeugungskraft.

Die Folge hieraus ist, dass bereits bei der Dossiererstellung mögliche Szenarien zur Erstattungsbetragsvereinbarung mitgedacht und eingebracht werden müssen. Dies betrifft nicht nur Varianten der zVT, sondern auch die Kostendarstellung in der GKV, Dosierungsvarianten und viele weitere Besonderheiten, die in den Preisverhandlungen wichtig werden können. Es dürfte viele Market-Access-Abteilungen viel Überzeugungsarbeit kosten, die gebotene „Rückwärtsanalyse“ vom Ergebnis des möglichen Schiedsverfahrens über Szenarien der Erstattungsbetragsverhandlungen hin zum Dossierinhalt in die internen Prozesse zu integrieren.

Ihr Ansprechpartner bei Dierks+Company:

Rechtsanwalt Dr. Karsten Engelke

karsten.engelke@dierks.company

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Normalerweise schreiben wir an dieser Stelle über neue Verordnungen, Expertenforen oder Erfolge, die wir für unsere Mandanten erringen konnten. Doch was uns in der letzten Zeit am meisten bewegt hat, war natürlich die Eröffnung von Dierks+Company im Helix Hub, unserem Gebäude in Berlin Mitte.

Wir haben Freunde, Geschäftspartner und Vertreter von Wissenschaft und Gesundheitspolitik eingeladen, ein Gast machte sogar eine Zwischenlandung auf seinem Weg von L.A. nach Tel Aviv, um dabei zu sein. Es gab eine coole Jazz-Band, ein befreundeter Koch übernahm das Catering und die ganze wunderbare Gesellschaft wurde total analog mit Stift und Papier von den Zeichnern festgehalten. Die Tournee durch das Gebäude mit den Präsentationen der Unternehmen machte uns allen deutlich, welche enormen Potenziale in der Innovation der Medizin stecken. Und die blau leuchtende Bar auf der Terrasse hatte ganz offensichtlich magische Kräfte.

Weit nach Mitternacht schlossen wir schließlich – glücklich und erfüllt – die Tür des Helix Hub hinter uns, um am nächsten Tag wieder auf der Matte zu stehen.

Das Fest wirkt immer noch nach. Viele Gespräche und Begegnungen haben wir in lebhafter Erinnerung, viele Anregungen und Eindrücke bleiben erhalten. Und ein Gedanke blieb besonders hängen: Wir brauchen ja nicht immer eine Eröffnung für ein Fest!

Impressionen dieses ganz besonderen Abends finden Sie hier:

Knapp vier Monate nach der mündlichen Verhandlung des Bundessozialgerichts in den Verfahren gegen die Schiedssprüche zu Albiglutid (B 3 KR 20/17 R) und Idelalisib (B 3 KR 21/17 R) liegen nunmehr die schriftlichen Urteilsgründe in dem Verfahren zu Idelalisib vor, in dem Dierks+Company die beklagte Schiedsstelle vertreten hat.

Mischpreise sind rechtmäßig – Wirtschaftlichkeit der Verordnung weiter unklar

Mit großer Spannung war eine Stellungnahme des 3. Senats des BSG zu den „Mischpreisen“ erwartet worden. Mischpreise werden für Arzneimittel vereinbart, bei denen der Gemeinsame Bundesausschuss für einen Teil der Patienten einen Zusatznutzen festgestellt hat, während für einen anderen Teil der Zusatznutzen als nicht belegt angesehen wurde. Der Erstattungsbetrag gem. § 130b SGB V soll nach der gesetzgeberischen Konzeption den Zusatznutzen adäquat abbilden, muss jedoch alle Teilpopulationen mit unterschiedlichen Zusatznutzenausmaßen umfassen: Nach § 78 Abs. 3 AMG gilt nämlich der Grundsatz, dass ein Fertigarzneimittel auch nur einen Preis haben darf. Dies erzwingt im Ergebnis nach der geltenden Rechtslage Mischpreise, die für die Patientengruppen mit Zusatznutzen zu niedrig und für die Patientengruppen ohne Zusatznutzen zu hoch sind. Das BSG hat nun bestätigt, dass genau diese Konsequenz aus dem Zusammenspiel der gesetzlichen Regelungen in § 130b SGB V und § 78 Abs. 3 AMG folgt.

Hieraus folgt unmittelbar die Frage, was diese Rechtslage für die Verordnungsentscheidung der Vertragsärzte bedeutet. Dürfen Vertragsärzte nunmehr ohne Sorgen vor einem Regress das Arzneimittel mit einem Mischpreis auch bei Patienten verschreiben, die in die Teilpopulation ohne belegten Zusatznutzen fallen?

Der 3. Senat des BSG hat diese Frage mit folgenden Worten im vorliegenden Urteil ausdrücklich offengelassen:

Ob und unter welchen Voraussetzungen sich Vertragsärzte einer Regressgefahr aussetzen, wenn sie im Einzelfall ein Arzneimittel in einer Patientengruppe ohne Zusatznutzen zum Mischpreis verordnen, ist nach der Rechtsprechung des BSG zum Vertragsarztrecht bislang noch nicht abschließend geklärt und bedarf aber im vorliegenden Zusammenhang keiner Entscheidung.“

Dies ist folgerichtig, da die Rechtmäßigkeit der Mischpreisbildung nicht von der Umsetzung im Vertragsarztrecht abhängt. Über die Frage, wie die Mischpreise bei Wirtschaftlichkeitsprüfungen zu beurteilen sind, darf nach der Geschäftsverteilung des BSG abschließend nur der 6. Senat entscheiden. Ein „obiter dictum“ zu dieser Frage wäre seitens des 3. Senats daher eine weitreichende Kompetenzüberschreitung gewesen.

Dennoch hat der 3. Senat Feststellungen zum Verhältnis des Wirtschaftlichkeitsgebots zum Mischpreis getroffen, die für die Frage der Regresse nicht unberücksichtigt bleiben können:

Indessen führt eine gebotene Gesamtbetrachtung zu einem Ausgleich, der wirtschaftlich sowohl für die Krankenkassen als auch für den pharmazeutischen Unternehmer angemessen ist, wenn die Verteilung des Arzneimittels auf Patienten mit und ohne Zusatznutzen angemessen berücksichtigt wird. Daher verstoßen Mischpreise nicht per se gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot. Sie stellen vielmehr einen notwendigen Kompromiss dar, den ein einheitlicher Erstattungsbetrag dann erforderlich macht, wenn der Nutzen als das wesentliche Orientierungskriterium nicht einheitlich bewertet wurde.“

Somit bedeutet ein Mischpreis nach der Konzeption des 3. Senats des BSG, dass die Wirtschaftlichkeit des Erstattungsbetrags auch für die Krankenkassen hergestellt wird, wenn die von den Vertragsparteien oder der Schiedsstelle angenommene Verteilung der Verordnungen tatsächlich erfolgt. Dies ist ein Umstand, der in erneuten Erstattungsbetragsverhandlungen aufgrund der Verordnungsdatenanalysen – in größerer oder geringerer Detailtiefe – durchaus beurteilt werden kann. Somit liegt die Lösung des „Wirtschaftlichkeitsproblems“ nicht auf der Ebene der Wirtschaftlichkeitsprüfungen, sondern in den Verhandlungen zwischen GKV-Spitzenverband und dem pharmazeutischen Unternehmer.

Vor diesem Hintergrund formuliert das BSG:

Der Grundsatz, dass Vertragsärzte im Einzelfall das bei gleichem medizinischen Nutzen wirtschaftlichste Arzneimittel zu verordnen haben, das auf dem Markt verfügbar ist, bleibt von der Mischpreisbildung grundsätzlich unberührt.“

Nähere Ausführungen zu dem Verhältnis des Mischpreises zur wirtschaftlichen Verordnungsweise hat sich das BSG für die Urteilsgründe zur Parallelentscheidung im Albiglutid-Verfahren aufgehoben. Dort führt das BSG zu dem Spannungsverhältnis zwischen wirtschaftlicher Verordnungsweise und Mischpreisbildung näher aus:

Im Rahmen der vertragsärztlichen Wirtschaftlichkeitsprüfung auftretende Problemlagen können nicht speziell der gesetzlich vorgesehenen Mischpreisbildung angelastet werden. Auch wenn aus dem Arzneikostenregress folgende Probleme in diesem Bereich durchaus realer Natur sein mögen, wird mit einer darauf wesentlich aufbauenden Argumentation letztlich unzulässig ‚das Pferd von hinten aufgezäumt‘ (so Huster, NZS 2017, 681, 682 f); Probleme sind primär an der Stelle zu lösen, an der sie auftreten.“

Der 3. Senat weist sodann darauf hin, dass sich über Praxisbesonderheiten, das neue Arzt-Informationssystem mit der Angabe des Zusatznutzenausmaßes in den Teilpopulationen und durch Vereinbarungen der Gesamtvertragspartner nach § 106b Abs. 1 SGB V sachgerechte Lösungen finden ließen.

Welches Arzneimittel wirtschaftlicher ist, kann sich jedoch bei dem Vergleich von gleichermaßen zweckmäßigen Arzneimitteln nach der vom 3. Senat dargestellten Logik der Preisbildung nicht durch einen isolierten Vergleich allein der Arzneimittel-Listenpreise ergeben, wenn für eines der Arzneimittel ein Mischpreis vereinbart wurde. Den Vertragsärzten liegen die Informationen nicht vor, die für einen korrekten Vergleich der Wirtschaftlichkeit der Arzneimitteltherapien erforderlich sind. Aufgrund dessen ist die Wirtschaftlichkeit des Mischpreises unter Beachtung der tatsächlichen Verordnungszahlen und der Auswirkungen der regionalen Verordnungssteuerung durch die Anpassung des Erstattungsbetrags immer wieder erneut herzustellen.

Die systemkonforme Lösung dieser offenen Fragen sollte daher darin liegen, dass die Verordnungen von Mischpreis-Arzneimitteln in allen Teilpopulationen als eine Praxisbesonderheit anerkannt werden.

Kompetenzen der Schiedsstelle nach § 130b Abs. 5 SGB V – Gestaltungsspielräume dürfen genutzt werden

Bemerkenswert sind die Ausführungen, die der 3. Senat zur Begründung der Rechtmäßigkeit des Schiedsspruchs zu Idelalisib im engeren Sinne gegeben hat.

Zunächst knüpft das BSG an die Dogmatik zu den weiteren Schiedsämtern und Schiedsstellen im SGB V an. Der 3. Senat stellt fest, dass Schiedssprüche auf Interessenausgleich ausgelegt sind und Kompromisscharakter haben. Dies erfordert eine Einschränkung des Umfangs der gerichtlichen Kontrolle.

Speziell für die Schiedsstelle nach § 130b Abs. 5 SGB V führt der 3. Senat aus, dass die Schiedsstelle – gerade im entschiedenen Fall von Idelalisib – einer „nur unzureichend vorhandenen wissenschaftlichen Datenlage zum Nachweis des Zusatznutzens des betroffenen Arzneimittels im Zeitpunkt des Beschlusses des GBA“ Rechnung tragen müsse. Dieses begrenzte und unsichere Wissen über den Zusatznutzen des Arzneimittels zwingt dazu, dass der von der Schiedsstelle zugrunde zu legende Sachverhalt bereits von „Prognosen, Einschätzungen und Wertungen“ ausgehen müsse. Die Schiedsstelle sei hierzu gesetzlich ermächtigt, da sie eine fachkundig besetzte Stelle sei, die nach der Formulierung in § 130b Abs. 4 Satz 2 SGB V „unter freier Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und Berücksichtigung der Besonderheiten des jeweiligen Therapiegebietes“ zu entscheiden habe. Das BSG stärkt hierdurch in beträchtlicher Weise den Gestaltungsspielraum der Schiedsstelle, die bereits auf Sachverhaltsebene Prognosen, Einschätzungen und Wertungen treffen darf, die gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar sind.

Zur Ausübung dieses Gestaltungsspielraums in der Festsetzung eines zusatznutzenadäquaten Erstattungsbetrages stellt das BSG fest:

Insbesondere ist (bislang) kein Modell oder Konzept ersichtlich, nach dem ein medizinischer Nutzen einer Gesundheitsleistung in Kosten umgerechnet werden könnte (…). Es existieren hierzu auch keine konkreten gesetzlichen Vorgaben. (…) All dies belässt der Schiedsstelle einen weiten Gestaltungsspielraum, der nicht kleiner ist als derjenige der Verhandlungspartner nach § 130b Abs 1 S 1 SGB V selbst, und überantwortet der sachkundig besetzten Schiedsstelle die Rolle als Garant für gesundheitsökonomisch vertretbare und wirtschaftlich akzeptable Entscheidungen im Fall der Nichteinigung (…).“

Das BSG sieht damit die Rolle der Schiedsstelle explizit in der Gestaltung der Erstattungsbetragsvereinbarung mit dem Ziel einer gesundheitsökonomisch und wirtschaftlich sinnvollen Lösung, wobei die Kompetenzen – man beachte – „nicht kleiner“ sein sollen als die der Vertragsparteien. Umgekehrt kann die Kompetenz mangels gesetzlicher Grundlage auch nicht größer sein als die Vertragsfreiheit der Parteien. Die vom BSG zugeschriebene Rolle geht jedoch über die reine „Lückenfüllung“ bei nicht konsentierten Vertragsinhalten hinaus. Es bleibt mit Spannung abzuwarten, wie die Schiedsstelle diese Rolle interpretieren wird.

Abschließend gibt das BSG noch den praktisch wichtigen Hinweis, dass die Rüge von Verfahrensfehlern der Schiedsstelle, insbesondere die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs, vor der Bekanntgabe des Schiedsspruchs erhoben und protokolliert werden muss.

In der näheren Zukunft ist damit zu rechnen, dass das LSG Berlin-Brandenburg und auch das BSG selbst in weiteren Gerichtsverfahren die Grundsätze zu den Entscheidungskompetenzen der Schiedsstelle näher konturieren werden. Schiedsverfahren dürften daher noch für eine ganze Weile neue Rechtsfragen aufwerfen und zu Rechtsstreitigkeiten Anlass geben.

Ihr Ansprechpartner bei Dierks+Company:

Rechtsanwalt Dr. Karsten Engelke

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Die Vorbereitungsphase auf das neue Verpackungsgesetz (VerpackG) hat begonnen: Auch auf Hersteller von Arzneimitteln und Medizinprodukten kommen neue Pflichten zu. Die ab 01.01.2019 geltenden abfallrechtlichen Neuerungen legen Unternehmen neue Registrierungs- und Meldepflichten auf, deren verzögerte Umsetzung zu Vertriebsverboten für die Produkte des Herstellers führt. Es sollte daher in der Vertriebskette vertraglich geklärt werden, welches Unternehmen die Pflichten erfüllt. Hersteller von Arzneimitteln sollten nachprüfen, ob ihre deutschen Großhändler die verpackungsrechtlichen Pflichten tatsächlich rechtzeitig erfüllen, denn die rechtlichen Konsequenzen treffen auch die Hersteller der Arzneimittel. Seit Ende August 2018 ist eine Vorregistrierung möglich – dieses Mittel sollte genutzt werden, um bereits jetzt ein mögliches Vertriebsverbot für nicht registrierte Produkte zu verhindern. 

Hintergrund: 

Mit dem neuen Verpackungsgesetz wird die bislang geltende Verpackungsverordnung zum 01.01.2019 abgelöst. Durch das Verpackungsgesetz sollen Lücken und Umsetzungsdefizite des bisherigen Systems beseitigt werden. Es bleibt dabei, dass die operative Entsorgung von Verpackungen primär durch das Duale System und Branchenlösungen umgesetzt wird – nunmehr begleitet durch die Registrierung aller Hersteller mit allen ihren Markennamen in einem einheitlichen Register, jährlichen Meldungen der Verpackungsmengen und Sanktionsvorschriften wie dem Vertriebsverbot bei Registrierungsfehlern sowie empfindlichen Bußgeldern. Diese Vorschriften gelten zusätzlich zu anderen Spezialregelungen über Verpackungen, treffen also auch Hersteller von Arzneimitteln und Medizinprodukten. Zur Vermeidung von Bußgeldern und Umsatzeinbußen muss insbesondere die Produktverantwortung innerhalb der Handelskette geklärt und vertraglich geregelt werden. 

 

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:  

  • Zentrale Stelle und Verpackungsregister LUCID: Die neu geschaffene „Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister“ verwaltet das Verpackungsregister LUCID und sorgt für die flächendeckende Einhaltung der Produktverantwortung für Verpackungen. Das Verpackungsregister LUCID listet die von den Herstellern mitgeteilten Daten und wird in beschränktem Umfang der Öffentlichkeit zugänglich sein. 
  • Registrierungspflicht für Hersteller von Verpackungen, die sich an einem System der Abfallentsorgung beteiligen: Systembeteiligungspflichtig sind mit Ware befüllte Verkaufs- und Umverpackungen, die typischerweise beim privaten Endverbraucher oder vergleichbaren Stellen anfallen. Vergleichbare Anfallstellen sind unter anderem auch Krankenhäuser, Arztpraxen und Apotheken. Eine Registrierungspflicht besteht daher beispielsweise für Verpackungen, die als Faltschachteln, Durchdrückpackungen (Blister), Tuben, Dosen, Flaschen, Infusionsbeutel, Spritzen sowie Ampullen in den Verkehr gebracht werden.  
  • Registrierung von Marken: Zur vereinfachten Überwachung der Registrierung müssen von den Herstellern die Markennamen der Produkte gemeldet werden, die von ihnen in Deutschland in den Verkehr gebracht werden. Fehlt ein Markenname im Register, können andere Vertreiber daher mit Blick auf das Verkehrsverbot den Einkauf oder Verkauf verweigern, da ihre eigene Abgabe des nicht registrierten Produkts verboten wäre. 
  • Datenmeldungspflicht gegenüber der Zentralen Stelle: Es ist vom Hersteller Auskunft über das gewählte System der Abfallentsorgung und die Beteiligungsdauer zu geben. Darüber hinaus müssen Daten zur Materialart und Masse der beteiligten Verpackungen gemeldet werden.  
  • Höchstpersönlichkeit der Registrierung und Datenmeldung: Die Pflicht zur Registrierung und Datenmeldung kann nicht durch Dritte wie Berater oder Makler erfüllt werden, sondern muss für Unternehmen durch eine autorisierte, unternehmenszugehörige Person erfolgen. Den übrigen Pflichten des VerpackG kann auch durch bevollmächtigte Dritte nachgekommen werden. Natürlich können Berater nach wie vor die Meldungen vorbereiten – absenden muss sie aber der Hersteller selbst. 
  • Absolutes Vertriebsverbot für systembeteiligungspflichtige Verpackungen, die der Hersteller nicht an einem System beteiligt hat oder nicht bei der Zentralen Stelle registriert hat: Verboten ist jegliche Weitergabe innerhalb Deutschlands an Dritte mit dem Ziel des Vertriebs, des Verbrauchs oder der Verwendung. Das Vertriebsverbot besteht kraft Gesetzes und bedarf keiner behördlichen Anordnung. Bei Missachtung drohen Bußgelder von bis zu 100.000 Euro.  

 

Wer ist betroffen ? 

  • Betroffen sind die Hersteller von Verpackungen. Hersteller der Verpackung im Sinne des VerpackG ist regelmäßig derjenige, der die mit Ware befüllte Verpackung erstmals in Deutschland in den Verkehr bringt.  
  • Als Hersteller der Verpackung gilt auch, wer Verpackungen gewerbsmäßig nach Deutschland einführt. Beim Import gilt derjenige als Hersteller der Verpackung, wer die Verantwortung für die Ware zum Zeitpunkt des Grenzübertritts trägt. Dies sollte zwischen Käufer und Verkäufer vor der Einfuhr der Ware rechtsverbindlich vereinbart werden, damit klar ist, wer für die Meldung zum Verpackungsregister verantwortlich ist. In Zweifelsfällen will die Zentrale Stelle Verpackungsregister anhand der Incoterms die Verantwortlichkeit zum Zeitpunkt des deutschen Grenzübertritts ermitteln. Begehrt ein Verkäufer mit Sitz im Ausland, die Produktverantwortung an sich zu ziehen, um den verpackungsrechtlichen Pflichten selbst nachzukommen, kann dies vertraglich vereinbart werden.  
  • Hersteller der Verpackung können im Arzneimittelsektor daher insbesondere Zulassungsinhaber mit Sitz im Ausland und pharmazeutische Großhändler sein. 
  • Jeder Zwischenhändler und jede Apotheke sind Vertreiber der Verpackungen und Adressaten des Vertriebsverbots für Verpackungen nicht registrierter Hersteller oder nicht registrierter Marken. Dies kann dazu führen, dass Apotheken die Registrierung prüfen und im Falle ihres Fehlens den Ankauf und Weiterverkauf der Arzneimittel verweigern. 

 

Was ist nun zu beachten?

  • Zulassungsinhaber mit Sitz im Ausland, die Arzneimittel zur Einfuhr nach Deutschland verkaufen, sollten sich mit Käufern darüber abstimmen, wer in Deutschland die verpackungsrechtlichen Pflichten trägt. Adressat der verpackungsrechtlichen Pflichten für Importware ist nämlich derjenige, der zum Zeitpunkt des Grenzübertritts die Produktverantwortung trägt. Dies ist vor der Einfuhr rechtsverbindlich zwischen Käufer und Verkäufer zu klären. Angesichts des drohenden handelsstufenübergreifenden Vertriebsverbots für Verpackungen nicht ordnungsgemäß registrierter Hersteller und fälschlich nicht systembeteiligte Verpackungen, wird vielen Zulassungsinhabern daran gelegen sein, diese Pflichten rechtsgeschäftlich an sich zu ziehen, um ihre Erfüllung eigenständig sicherzustellen. Eine Registrierung und Systembeteiligung steht auch Unternehmen mit Sitz im Ausland offen.  
  • Großhändler, die Arzneimittel aus dem Ausland nach Deutschland einführen, sollten ebenso vor der Einfuhr eine Einigung mit dem Verkäufer über die verpackungsrechtliche Produktverantwortung für den Zeitpunkt des Grenzübertritts getroffen haben. Da die Herstellereigenschaft von der Handelsstufe unabhängig ist, kann auch ein importierender Großhändler Hersteller der Verpackung sein. Er selbst ist in diesem Fall zur Registrierung und Datenmeldung verpflichtet. Übernimmt der Großhändler die Produktverantwortung hingegen nicht, muss er zur Vermeidung von Bußgeldern ab dem Jahreswechsel jedenfalls sicherstellen, dass die von ihm eingeführte Ware vor dem Zeitpunkt der Einfuhr bereits registriert wurde.  
  • Deutsche Konzerngesellschaften ohne Großhandelserlaubnis, die sich eines Großhändlers bedienen, um Ware, die sie zuvor bei einem konzernverbundenen ausländischen Unternehmen erworben haben, auf dem deutschen Markt zu vertreiben, können ebenfalls Hersteller der Verpackung im Sinne des VerpackG werden, sofern sie die verpackungsrechtliche Produktverantwortung zum Zeitpunkt des Grenzübertritts durch Rechtsgeschäft mit dem Großhändler an sich gezogen haben. Dies kann zur Erfüllung der verpackungsrechtlichen Pflichten vorzugswürdig sein. In jedem Fall sollten ausländische Konzernschwestern auf die neuen Vorschriften des VerpackG aufmerksam gemacht werden. Ferner sollte nachgeprüft werden, wer in der Vertriebskette meldepflichtig ist – falls Großhändler verantwortlich sind, sollte geprüft werden, ob sie rechtzeitig die vertriebenen Marken registrieren.
  • Vorregistrierung: Hersteller von Verpackungen können ab Ende August ihre Stammdaten online bei der Stiftung Zentrale Stelle Verpackungsregister (https://lucid.verpackungsregister.org/) hinterlegen. Sie erhalten dadurch eine vorläufige Registrierungsnummer und mit Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes eine Registrierungsbestätigung sowie dauerhafte Registrierungsnummer. Auf diese Weise kann schon jetzt sichergestellt werden, dass die vom Gesetz betroffenen Verpackungen auch nach dem Jahreswechsel weiter vertrieben werden können. Hersteller von Verpackungen, die erstmals nach dem Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes in den Verkehr gebracht werden, müssen sicherstellen, dass sie das Registrierungsverfahren durchlaufen, bevor sie die Verpackung in den Verkehr bringen.

 

Mit dem Inkrafttreten des Verpackungsgesetzes müssen sich die Hersteller verpackter Waren mithin auf Neuerungen vorbereiten. Unternehmen, die sich schon jetzt auf die Umstellung von der Verpackungsverordnung auf das Verpackungsgesetz vorbereiten, profitieren von Planungssicherheit und können Komplikationen in ihrer Handelskette vorbeugen. Detaillierte Informationen zu den Pflichten des Herstellers sowie zum Ablauf der Registrierung bei der Zentralen Stelle können unter www.verpackungsregister.org eingesehen werden. Bei juristischen Fragen stehen wir gerne mit Rat und Tat zur Seite. 

 

Ihr Ansprechpartner bei Dierks+Company:

Rechtsanwalt Dr. Karsten Engelke 

karsten.engelke@dierks.company

+49 30 586 930 102

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BSG entscheidet zu Arzneimittel-Schiedssprüchen: Mischpreise sind rechtmäßig, neue Leitplanken für Begründungen der Schiedssprüche

Das Bundessozialgericht (BSG) hat am 04.07.2018 erstmalig zu umstrittenen Rechtsfragen rund um die Erstattungsbeträge für Arzneimittel nach § 130b SGB V entschieden. Dabei hat das BSG die sog. „Mischpreise“ für rechtmäßig erklärt und die rechtlichen Maßstäbe für die Ausübung und Begründung des Gestaltungsspielraums der Schiedsstelle konturiert.

Dem BSG lagen zwei Revisionen zur Entscheidung vor, die ähnliche Rechtsfragen betrafen: Der GKV-Spitzenverband hatte jeweils gegen die Schiedssprüche der Schiedsstelle nach § 130b Abs. 5 SGB V zu Albiglutid und Idelalisib geklagt und die Verletzung von Begründungspflichten sowie Verfahrensfehlern gerügt. Das LSG Berlin-Brandenburg gab beiden Klagen mit Urteilen vom 28.06.2017 (L 9 KR 213/16 KL und L 9 KR 72/16 KL) statt. Dabei sah das LSG nicht nur die Begründungen beider Schiedssprüche als unzureichend an, sondern weckte Zweifel an der Reichweite des Gestaltungsspielraums der Schiedsstelle und führte überdies aus, dass es die „Mischpreise“ für Arzneimittel mit und ohne Zusatznutzen für rechtswidrig hält. Ein Mischpreis wird nach der bisherigen Praxis der Erstattungsbetragsverhandlungen dann vereinbart, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) in seiner Nutzenbewertung nicht für das gesamte Anwendungsgebiet denselben Zusatznutzen festgestellt hat, sondern einzelne Teilpopulationen mit einem höheren oder geringeren Zusatznutzen (oder gar keinem Zusatznutzen) belegt als andere.

Das BSG hob beide LSG-Urteile auf und wies die Klagen des GKV-Spitzenverbands gegen die Schiedssprüche letztinstanzlich ab. In seiner mündlichen Urteilsbegründung führte das BSG zunächst aus, dass Mischpreise eine unumgängliche Folge daraus sind, dass für ein Arzneimittel nur ein Erstattungsbetrag gelten kann. Ferner stellte das BSG dar, dass Mischpreise eine häufige Folge aus dem differenzierten Nutzenbewertungsprozess beim GBA sind. Ein Arzneimittel, für das in einzelnen Teilpopulationen ein Zusatznutzen belegt ist, während in anderen Teilpopulationen ein Zusatznutzen nicht gezeigt werden konnte, fällt nicht unter die Regelung des § 130b Abs. 3 SGB V, sondern es ist ein alle Teilpopulationen umfassender Erstattungsbetrag nach dem Maßstab des § 130b Abs. 1 SGB V unter Einbeziehung der Kriterien der Rahmenvereinbarung nach § 130b Abs. 9 SGB V zu bilden. Wie diese technisch anmutende Methodik umgesetzt werden kann, wird hoffentlich in den schriftlichen Urteilsgründen des BSG näher erläutert.

Ferner stellte das BSG klar, dass der Schiedsstelle in weiten Bereichen der Erstattungsbetragsfestsetzung ein Gestaltungsspielraum zukommt, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist. Neu ist die klare Verortung dieses Gestaltungsspielraums als Prognoseentscheidung eines pluralen, sachverständig besetzten Entscheidungsgremiums, das primär Konfliktlösungsfunktion hat. Daraus folgert das BSG, dass Lücken oder Unklarheiten im GBA-Nutzenbewertungsbeschluss durchaus von der Schiedsstelle mit eigenen Wertungen, auch mit eigenen Daten ergänzt und konkretisiert werden dürfen. Dabei sind die rechtsstaatlichen Grundsätze des rechtlichen Gehörs zu wahren. Diese Grundsätze bringen jedoch dahingehend eine wünschenswerte Klarheit, dass die Schiedsstelle auch über die Inhalte des GBA-Beschlusses hinausgehen darf und eigene Prognosen zur Anwendung des Arzneimittels in der Versorgungsrealität anstellen kann, die gerichtlich nicht beanstandet werden können, solange sie nicht willkürlich sind oder gegen Denkgesetze verstoßen. Dadurch erfolgt eine deutliche Anknüpfung an die bisherige Entscheidungspraxis zu administrativen Gestaltungsspielräumen und anderen Schiedsstellen. Schließlich hat das BSG klargestellt, dass der Erstattungsbetrag nicht formal-rechnerisch als ein Euro-Zuschlag auf die Jahrestherapiekosten der zweckmäßigen Vergleichstherapie ausgewiesen werden muss, sondern dass das Wort „Zuschlag“ in der Rahmenvereinbarung nur bedeutet, dass der Erstattungsbetrag für Arzneimittel mit Zusatznutzen oberhalb dieser Kostenschwelle liegen muss.

Die Begründung des Schiedsspruchs muss die zugrunde gelegten Tatsachen und die Wertentscheidungen der Schiedsstelle, der bisherigen Rechtsprechung zu anderen Schiedsstellen folgend, lediglich „andeutungsweise“ erkennen lassen. Der erkennende Senat betonte jedoch sehr nachdrücklich, dass überobligatorische Begründungen sehr anzuraten sind, um Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden und die Akzeptanz der Schiedssprüche zu stärken. Diese Maßgabe hatte die Schiedsstelle bereits in Folge der LSG-Urteile umgesetzt. Es bleibt zu hoffen, dass die Schiedsstelle diese transparentere Begründungspraxis beibehalten und die Impulse des BSG zur Berücksichtigung der Versorgungsrealität in der GKV in zukünftigen Verfahren aufnehmen und weiterentwickeln wird.

In dem Verfahren B 3 KR 21/17 R haben aus dem Team von Dierks+Company die Rechtsanwälte Prof. Dr. Dr. Christian Dierks und Dr. Karsten Engelke mitgewirkt.